In Hans Christian Andersens Märchen »Die Schneekönigin« zerbricht ein Zauberspiegel in tausend Scherben. Trifft ein Splitter einen Menschen im Auge, so sieht er fortan alles um sich herum nur noch hässlich und böse. Wird ein Mensch dagegen im Herzen getroffen, wird es so kalt wie Eis … Michael Cunningham spielt auf brillante Weise, voller Poesie und mit einem guten Schuss Ironie versehen, mit Motiven aus Andersens Märchen. Und während er vor dem Hintergrund eines winterlichen New York eine Welt voll Eis, Schnee und Kälte heraufbeschwört, ist sein Roman in Wahrheit eine Hymne auf den Glauben an die Liebe und das Leben.
Der New Yorker Stadtteil Bushwick liegt jenseits von Brooklyn. In dieser Gegend sind die Mieten noch einigermaßen bezahlbar, die Häuser alt und die Leute nicht ganz so schick. Hier teilen sich die Brüder Tyler und Barrett eine Wohnung mit Tylers großer Liebe Beth, die unheilbar an Krebs erkrankt ist und um die sie sich beide aufopferungsvoll kümmern. Sie sind in den sogenannten besten Jahren und können es noch nicht ganz glauben, dass sich ihre Träume niemals erfüllen werden: Tyler, ein genialer Musiker, steht immer noch ohne Band und ohne Erfolg da. Aber er wird, das nimmt er sich vor und dafür sucht er sich heimlich Inspiration beim Kokain, das ultimative Liebeslied für Beth komponieren, ja, er wird es ihr bei der geplanten Hochzeit vorsingen ... Barrett, fast Literaturwissenschaftler, fast Startup-Unternehmer, fast Lord Byron, verkauft Secondhand-Designerklamotten in Beths Laden und trauert seinem letzten Lover nach, der ihn gerade schnöde per SMS abserviert hat. Als Beth sich wider alle Erwartungen zu erholen scheint, glaubt Tyler umso mehr an die Kraft der Liebe, während der Exkatholik Barrett sich fragt, ob das merkwürdige Licht, das er eines Nachts im Central Park amwinterlichen Himmel sah, nicht doch irgendwie eine göttliche Vision gewesen sein könnte …