Eine steigende Zahl von Menschen sieht sich, sei es aus persönlichen oder beruf-lichen Gründen, mit dem Thema einer so genannten „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung“ konfrontiert. Die Diskussionen um das Verhalten mancher Kinder sind nicht nur wissenschaftlich, sondern auch gesellschaftlich in aller Mun-de. Bücher mit Titeln wie „Generation Doof“ oder „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ avancieren zu Bestsellern. Die gesellschaftlichen Meinungen über Kinder mit auffälligem Verhalten gehen von ganzheitlichen Betrachtungen bis zur Denun-zierung als Mensch, der „nur nicht anders will“. „Ich renn bergauf, rolle bergab durch die Pampa und durch die Stadt, gerade aus, zerkratz mein’ Lack, zack, mit’m Kopf durch die Wand bis es knackt. Bleib wo du bist, ich hol dich ab Ich mach nicht schlapp auch wenn ich Gicht hab, bin am hotten bis ich blutende Hacken hab kauf wie ’ne Frau neue ’Motten im Minutentakt Die Pumpe pumpt, ich hab wunde Lungen wie ’n junger Hund, werd nie satt Zweifel gibts nicht, ich lauf drumrum Ich jag ’n Phantom, bis ichs hab Im Zick Zack ihm nach… … ich schlaf kaum, fress Dreck, seh es an der Ecke Bin ich da, ist es wieder weg Fette Henne vor der Nase, bin angezeckt will sie haben und wedel mit dem ganzen Heck Irgendwas hält mich auf Trab und manchmal hab ich es satt. Es trifft mich Tag und Nacht der Teufel an, der nach mir schnappt. Die Welt muss sich drehn und nichts kann so bleiben Ich renn durch mein Leben wie ’ne Lok auf zwei Beinen Ein Hund kann nicht krähen, ein Fisch kann nicht schreien und ich kann nicht stehn bleibn, ich bin ein rollender Stein … Die Ideologie des Störungsbildes, welches sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, ist keine grundlegend Neue. Diese scheint jedoch in seiner Ausbreitung und in sei-nen gesellschaftlichen Auswirkungen im ausgehenden 20. Jahrhundert sowie den ersten Jahren des 21. Jahrhundert, nicht nur in den Vereinigten Staaten von Ame-rika, förmlich zu explodieren. Die stetig steigenden Diagnosezahlen und die eben-so starke Vermehrung von Angeboten zur Information, Behandlung, Weiterbildung, Spezialisierung etc. vermitteln die Brisanz dieser Thematik. Sie schaffen eine Dis-kussions- und Arbeitsbasis, schüren jedoch ebenso Unsicherheit und Hilflosigkeit bei Betroffenen und Fachleuten. [...]