Jede Persönlichkeitstheorie basiert auf einem bestimmten philosophischen Menschenbild. In mancher Theorie stehen entweder die Instinkte oder soziale Fähigkeiten, aber auch der freie Wille des Menschen oder dessen Determiniertheit durch die Umwelt im Vordergrund der Betrachtung. Dabei kommt dem hinter der jeweiligen Theorie stehenden philosophischen Menschenbild besondere Bedeutung zu, da sich bestimmte Schwerpunkte und spezielle Forschungsrichtungen aus diesem ergeben. Neben objektiv- wissenschaftlichen Fakten wird die Theoriebildung auch von den persönlichen Faktoren des jeweiligen Theoretikers, vom Zeitgeist sowie von philosophischen Strömungen, die für die entsprechende Kultur kennzeichnend sind, geprägt bzw. beeinflusst ( vgl. Pervin 1993, S.28). Damit wäre auch ein Erklärungsansatz hinsichtlich der Vielfalt theoretischen Modelle gegeben, welche sicherlich in der heterogenen und langen Denk- und Theorietradition begründet ist. Bisher stand in unserer Lehrveranstaltung zu den personenbezogenen Kommunikationsstörungen die Darstellung speziell entwickelter Symptomkataloge im Vordergrund, die Verhaltensmuster klassifizieren und Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Persönlichkeitsanomalien zulassen sollen. Es handelt sich dabei also um ein „rein“ deskriptives Vorgehen. Ätiologische Überlegungen als auch die psychologischen Prozesse, die dem Verhalten oder auch Handeln inhärent sind, werden ausgeschlossen bzw. unzureichend zusammenhängend the matisiert. So gesehen, ist mit den uns bisher bekannten reinen Verhaltensklassifizierungen kein hinreichendes Verständnis für Persönlichkeitsstörungen zu erreichen, da diese aus keiner umfassend integrierten Theorie abgeleitet sind. Mit Kuhls Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen (PSI- Theorie) liegt uns nun ein umfassender, allerdings ebenfalls personenbezogener Versuch vor, dieses Defizit zu überwinden. Verschiedene Begrifflichkeiten, theoretische Erklärungen anderer (psychologischer) Theorien, Befunde aus der experimentalpsychologischen Forschung und neurophysiologische Erkenntnisse werden miteinander verknüpft. Damit soll das Nebeneinander einzelner Funktionskomponenten der Persönlichkeit überwunden und zur theoretischen Integration und deren Ü berprüfbarkeit beigetragen werden (vgl. Kuhl, 2001, S.139). Wesentlich dabei ist, dass Persönlichkeitsphänomene nicht durch kognitive Inhalte, Intentionen o.ä. erklärt werden, sondern aus der Interaktion psychischer Systeme .