Die politischen Systeme unserer Zeit beruhen grundlegend auf einem TheoriegebĂ€ude, dass in wichtigen Teilen im 17. und 18. Jahrhundert durch die Vertragstheorien von Thomas Hobbes, Jean-Jacques Rousseau und Immanuel Kant miterrichtet wurde. Hobbes Hauptwerk âLeviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bĂŒrgerlichen Staatesâ aus dem Jahr 1651 wird oftmals als Anfangspunkt der neuzeitlichen politischen Philosophie und Wendepunkt im VerstĂ€ndnis des Menschenbildes gesehen. Grundlage fĂŒr die Ăberlegungen von Hobbes, wie auch derer Rousseaus und Kants, bildet die Annahme des âmethodologischen Individualismusâ. Das individualistische Menschenbild sieht den Willen des Menschen als Ausgangspunkt jeder denkbaren politischen Ordnung bzw. Herrschaft an. Nur durch eine selbstbestimmte vertragliche Abmachung kann demnach eine staatliche Ordnung entstehen. Damit wurde beginnend mit Hobbes das noch im Mittelalter durch die Scholastiker auf der aristotelischen Lehre basierende Paradigma schrittweise abgelöst, nachdem der Mensch in eine von Gott aufgestellte natĂŒrliche Ordnung hineingeboren wird und als von Natur aus zur Gesellschaft bestimmtes Wesen in dieser göttlichen Ordnung seinen Platz findet. Durch das verĂ€nderte Menschenbild und die Ablehnung des Gedankens einer göttlichen, natĂŒrlichen Ordnung stellt sich fĂŒr Hobbes, Rousseau und Kant die zentrale Frage nach der Legitimation und den Grenzen staatlicher Ordnung. Dabei ist allen DenkansĂ€tzen gemein, dass trotz der Beeinflussung durch die jeweiligen zeitgeschichtlichen UmstĂ€nde, die Vertragstheorie nicht als ErklĂ€rung real existierender gesellschaftlicher ZustĂ€nde dient, sondern normativ politische Herrschaftsmodelle begrĂŒnden und rechtfertigen soll. Hierbei kommen die drei Denker zu unterschiedlichen Ergebnissen in Bezug auf die Ausgestaltung der GesellschaftsvertrĂ€ge und demzufolge auch zu verschiedenen StaatsverstĂ€ndnissen. Ausgangspunkt aller Ăberlegungen bildet bei allen die Beschreibung eines fiktiven, vorstaatlichen Naturzustandes, der das Zusammenleben der Individuen ohne durch eine ordnungsstiftende Instanz vorgegebene Regeln beschreibt.