Sexualstrafrecht als Gradmesser unserer Gesellschaft: Der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof über Sexualität aus juristischer Perspektive
Was ist "normales" Begehren, was ist strafbares Verhalten?
Wann hat der Staat das Recht auf Kontrolle der Intimsphäre? Wann nicht?
Wo braucht das Sexualstrafrecht Reformen?
Das Strafrecht bestimmt, was "normales" und was "abweichendes", strafbares Sexualverhalten ist. Aber wo genau verläuft die Grenze zwischen Sex und Crime? In seinem neuen Buch zeigt der ehemalige Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshofs, dass die Frage nach "Schuld" und "Krankheit" im Sexualstrafrecht viel komplexer ist, als es die politische und gesellschaftliche Diskussion vermuten lässt. Denn die strafrechtliche Definition etwa von Vergewaltigung und Missbrauch ist auch ein Spiegel moralischer, ökonomischer und politischer Machtverhältnisse. Und damit wird dieses Rechtsgebiet zum Verhandlungsort gesellschaftlicher Normen.
Das Ergebnis von Fischers messerscharfen juristischen Analysen: Ein Rechtsstaat muss gerade im Sexualstrafrecht Komplexität nicht nur aushalten, sondern absichern - doch genau daran hapert es oft.
"Der Mensch hat keine 'natürliche' Sexualität, die außerhalb von Kultur, Moral, Ordnung und Gesellschaft steht. Und trotzdem ist der Mensch immer auch ein Affe." Thomas Fischer