Wie russische Forscher in einem bemerkenswerten Züchtungsexperiment den Weg vom Wildtier zum Haustier im Schnelldurchgang nachvollziehen
An einem Ort im abgelegenen Sibirien findet man vierbeinige Fellwesen, die mit dem Schwanz wedeln, Schlappohren haben und so gelehrig und freundlich sind wie Schoßhunde. Doch es sind keine Hunde – es sind Füchse. Sie sind das Ergebnis eines der erstaunlichsten Züchtungsexperimente, die je unternommen wurden – stellen Sie sich einmal vor, die Evolution mehrerer Jahrtausende sei auf einen Zeitraum weniger Jahrzehnte beschleunigt. Im Jahre 1959 nahmen sich die Biologen Dmitri Beljajew und Ludmila Trut genau dies vor, indem sie mit ein paar Dutzend Silberfüchsen von Pelzfarmen in der damaligen UdSSR begannen und mit ihnen die Entwicklung vom Wolf zum Hund in Echtzeit nachzuvollziehen versuchten, um so den Prozess der Domestikation direkt zu beobachten. Das vorliegende Buch erzählt die bisher weitgehend unbekannte Geschichte dieses bemerkenswerten Unterfangens. Die meisten Berichte über die natürliche Evolution des Wolfes legen dem Domestikationsprozess eine Zeitspanne von 15.000 Jahren zugrunde, aber aus Beljajews und Truts Züchtungsexperimenten gingen schon innerhalb eines Jahrzehnts welpenähnliche Füchse mit Schlappohren, gesprenkelten Fellen und gebogenen Schwänze hervor. Begleitet wurden diese physischen Veränderungen von genetischen und Verhaltens-Modifikationen. Für die Züchtung der Füchse war Zahmheit das entscheidende Selektionskriterium, und mit jeder Generation zeigten die Tiere ein zunehmend größeres Interesse an der Gemeinschaft mit Menschen. Trut ist seit Anfang an bei diesen Experimenten dabei, und nach Beljajews Tod im Jahre 1985 übernahm sie die Leitung. Zusammen mit dem Biologen und Wissenschaftsautor Lee Dugatkin erzählt sie hier nun die Geschichte dieses Abenteuers und der Wissenschaft, Politik und Liebe dahinter. In Füchse zähmen nehmen uns Dugatkin und Trut mit auf die Innenseite dieses bahnbrechenden Experiments inmitten der brutalen sibirischen Winter und legen offen, wie Wissenschaftsgeschichte gemacht wird – bis heute. Inzwischen sind 58 Generationen von Füchsen domestiziert, und immer noch lernen wir von ihnen bedeutsame Dinge über die genetische und verhaltensbiologische Evolution domestizierter Tiere. Füchse zähmen bietet eine oft unglaubliche Geschichte von Wissenschaftlern bei der Arbeit und ist zugleich eine Hommage an die tiefen Bande, die Tiere und Menschen über alle Zeiten hinweg entwickelt haben.