«Bis er sie sah, hatte sie ihn schon gesehen. Als sein Blick sie erreichte, war ihr Blick schon auf ihn gerichtet. Das fand statt am Kreuzbrunnen, nachmittags um fünf, am 11. Juli 1823 in Marienbad.» Mit diesen Sätzen beginnt Martin Walsers Roman über Goethes letzte Liebe. Der 73-jährige Geheimrat – seit dem Tod seiner Ehefrau Christiane Witwer und so berühmt, dass sein Diener Stadelmann heimlich Haare von ihm verkauft – liebt die 19-jährige Ulrike von Levetzow. 54 Jahre Altersunterschied trennen die beiden, aber Goethe sagt sich: «Meine Liebe weiß nicht, dass ich über siebzig bin. Ich weiß es auch nicht.» Blicke werden getauscht, Worte gewechselt, die beiden küssen einander auf die Goethe' sche Art.
Er sagt: Beim Küssen kommt es nicht auf die Münder, die Lippen an, sondern auf die Seelen. «Das war sein Zustand: Ulrike oder nichts.»
Doch sein Alter holt ihn ein. Auf einem Kostümball stürzt er, und bei einem Tanztee will sie ein Jüngerer verführen.
Der Heiratsantrag, den er Ulrike trotzdem macht, erreicht sie erst, als ihre Mutter mit ihr nach Karlsbad weiterreisen will. Goethe schreibt die «Marienbader Elegie». Zurück in Weimar, lässt ihn die eifersüchtige Schwiegertochter Ottilie nicht mehr aus den Augen.
Martin Walsers neuer Roman erzählt die Geschichte einer unmöglichen Liebe: bewegend, aufwühlend und zart.
Die Glaubwürdigkeit, die Wucht der Empfindungen und ihres Ausdrucks – das alles zeugt von einer Kraft und (Sprach-)Leidenschaft ohne Beispiel.