Der kleine, rotzfreche Louis Seynaves ist zunächst hingerissen vom Einmarsch deutscher SS-Verbände in sein flämisches Heimatstädtchen Walle, das alsbald zum Spiegel der großen Welt wird. Spielerisch, humorvoll und mitreißend fügt Hugo Claus in seinem Meisterwerk Hunderte von Episoden zu einem epochalen Roman zusammen, der zum Kanon der Weltliteratur gezählt wird. Belgien ist zur Zeit des Zweiten Weltkriegs weniger ein Land denn ein Zustand, in dem sich auch der kleine Louis wiederfindet. Mit drei Mitschülern hat er einen Geheimbund geschlossen, in dem sie verbotene Bücher lesen, bis ihn seine Mutter nach dem deutschen Überfall auf Polen aus dem Internat nach Hause holt. Sein Zuhause, das sind die Gassen um den Grote Markt, die schummrigen Winkel in der väterlichen Druckerei und vor allem der Familientratsch am Küchentisch. Jede kleine Denunziation, jede opportunistische Versuchung, sich mit den "Germanen" gegen die Wallonen zu verbünden, jede Episode dieser spannenden Jahre erlebt Louis hautnah mit – wie einen Weltalltag, der sich in diesem Stück Weltliteratur spiegelt. "Der Kummer von Belgien", brillant übersetzt von Waltraud Hüsmert, wurde von der Literaturkritik mit Günter Grass' "Blechtrommel" und Gabriel García Márquez' "Hundert Jahre Einsamkeit" auf eine Stufe gestellt.